Es begann in der Grundschule. Vielleicht begann es auch schon im Kindergarten oder früher, aber erst als ich jeden Tag in die Schule musste, wurden meine Einschlafprobleme zur ernsten Belastung. Schon als Kindergartenkind war mir frühes Aufstehen schwer gefallen. Oft habe ich geweint, wenn mich meine Mutter morgens geweckt hat, weil ich noch so müde war. Sehr wahrscheinlich hatte ich damals schon Einschlafprobleme. Weil ich noch so klein war, kann ich mich nicht erinnnern, ob mir das Einschlafen jemals leicht fiel.

Du musst schlafen, morgen ist Schule.

Mit der Schulpflicht wurde der Druck zu schlafen immer größer. “Du musst einschlafen, Du musst, Du musst, Du musst!” Jeden Abend hörte ich auf meinem Kassettenrekorder im Bett ein Hörspiel, um mich von Bibi Blocksberg oder Benjamin Blümchen in den Schlaf wiegen zu lassen. Aber die Kassetten waren irgendwann zu Ende und ich lag immer noch wach. Als ich sechs Jahre alt war, erzählte ich meiner Mutter, dass ich nicht einschlafen konnte. Sie ging mit mir zum Arzt. Dieser empfahl mir Baldrian und schickte mich wieder nach Hause. Doch der Baldrian half nicht. Vom meinem Vater bekam ich keinerlei Verständnis. Im Gegenteil – wenn er mitbekam, dass ich nachts Kassetten hörte bekam ich Ärger. Ernst genommen hat er meine Probleme nicht. Mein Glück war, dass er selten zuhause war.

Die Schlaflosigkeit – mein ständiger Begleiter

Dass etwas mit mir nicht stimmte wurde mir besonders dann bewusst, wenn ich mit anderen in einem Zimmer übernachtete. Auf jeder Klassenfahrt und in den Reiterferien lag ich stets als letzte wach und hörte den anderen beim Atmen zu. Meinen massiven Schlaf­­man­gel glich ich am Wochenende und in den Ferien aus, wo ich bis mittags im Bett lag, wenn man mich ließ. Der Leistungsdruck am Gymnasium und das frühe Aufstehen machten mir als Jugendliche immer stärker zu schaffen. Doch trotz meiner Schlafprobleme war ich eine relativ gute Schülerin und machte mein Abitur mit einem Zweier­schnitt.

In meiner Studienzeit spitzten sich meine Schlafprobleme zu. Mittlerweile lag ich ganze Nächte hindurch wach. Manche Klausuren schrieb ich wie in Trance, weil ich die Nacht davor unfreiwillig durchgemacht hatte. Wegen meiner ständigen Müdigkeit konnte ich mich in den Vorlesungen kaum konzentrieren und das Lernen fiel mir schwer. Etwa die Hälfte meiner schriftlichen Prüfungen bestand ich erst im zweiten Anlauf, weil die Nachholtermine in der vorlesungsfreien Zeit lagen und ich – befreit vom Zwang des frühen Aufstehens – viel besser lernen konnte. Es war mein ausgeprägter Ehrgeiz, der mich das Studium trotz meiner ständigen Erschöpfung durchziehen ließ.

Psychische Ursachen?

In meiner Verzweiflung ging ich zur psychotherapeutischen Beratungsstelle meiner Uni. Weil ich nachts im Bett ohne Unterlass grübelte und Probleme wälzte und dabei teilweise in Wut oder Panik verfiel, war ich mir sicher, meine Einschlafprobleme hätten psychische Gründe. Seit meinem 17. Lebensjahr kämpfte ich mit Essstörungen und häufig litt ich an einer scheinbar grundlosen Traurigkeit. Die Schlaflosigkeit passte also ins Gesamtbild.

Der Therapeut riet mir, bei Schlaflosigkeit meine Gedanken in ein Tagebuch zu schreiben und die Wohnung zu putzen – dann hätte ich statt wach rumzuliegen zumindest etwas sinnvolles erledigt. Also schrieb ich alles auf, meine Wut und Verzweiflung. Ich fühlte mich unendlich einsam, verdammt zu einem Leben in Schlaflosigkeit. Mir den Frust von der Seele zu schreiben verschaffte mir zwar Erleichterung, aber an meinen Einschlafproblemen änderte es nichts. Das nächtliche Putzen gab ich bald genervt wieder auf. Nachdem man mir bei meinem zweiten Termin in der Beratungsstelle ohne Vorwarnung eine andere Therapeutin vorsetzte und ich mit dieser nicht klarkam, ging ich nicht mehr hin. Ich erwartete keine Hilfe mehr – von niemandem.

Auch körperlich ging es bergab

Einige Jahre später wurde bei mir eine Autoimmunerkrankung der Haut diagnostiziert. Ich musste ab sofort täglich Kortison schmieren. Außerem litt ich seit meiner Studienzeit an starken Kopfschuppen und Gelenkschmerzen. Meine Haut juckte an manchen Tagen ununterbrochen. Vor allem nachts, wenn ich wachlag, kratzte ich mich stundenlang. Auf meiner Kopfhaut hatten sich Ekzeme gebildet, die juckten und brannten, wenn ich sie kratzte. Im Gesicht hatte ich keine Ekzeme, dafür aber mit Ende Zwanzig jede Menge Pickel und Mitesser.

Mein Kopfhautekzem
Mein Kopfhautekzem – die Haut am Haaransatz war ständig entzündet.

Meine Regelblutung hatte sich über die Jahre zu einer extrem schmerzhaften Angelegenheit entwickelt, so dass ich manche Arbeitstage nur mit starken Schmerztabletten durchhielt. Und ich fror wie verrückt. Meine Bürokollegen saßen im kurzärmeligen Hemd am Tisch während ich eine Gänsehaut und eiskalte Hände hatte. Meine Lippen waren meistens spröde, meine Mund­winkel rissen häufig ein und meine Nase lief irgendwie ständig, obwohl ich nicht erkältet war.

Kein Arzt half mir

Ich lief von Arzt zu Arzt. Die meisten taten, was Schulmediziner eben tun: Sie verschrieben Kortison und Schmerztabletten. Als ich einmal monatelang Knieschmerzen hatte, wollte mir ein Orthopäde aufgrund einer angeblichen Fehlstellung der Patellarsehne beide Knie operieren. Ich winkte ab. Irgendwann löste ich auch die Rezepte für die Kortisonpräparate nicht mehr ein. Mir war klar geworden, dass ich von Ärzten keine Hilfe zu erwarten hatte, sondern nur Symptombekämpfung mit Pillen, Salben und Skalpell.

Einzig ein ganzheitlich arbeitender Allgemeinmediziner schien sich wirklich für die Ursachen meiner Probleme zu interessieren. Er fand heraus, dass mein Darm mit Candida besiedelt war und ich an einer Vielzahl von Nah­rungs­mittel­un­ver­träg­lich­kei­ten litt. Ich schöpfte neue Hoff­­nung. Vielleicht würden sich durch die Darmbehandlung und das Weglassen der unverträglichen Lebensmittel (Getreide, Tomaten, Eier…) ja auch meine Schlafprobleme bessern?

Der Arzt behandelte meine Darm- und Hautprobleme mit Bioresonanz und Ho­möo­pa­thie. Ob­wohl ich an der Wirksamkeit dieser Methoden zweifelte, probierte ich sie aus. Was hatte ich zu verlieren? Einige Monate später gab ich auch diese Therapie wieder auf. Weder waren die Nahrungsmittelunverträglichkeiten verschwunden, noch hatte sich meine Kopfhaut gebessert. Meine Au­to­immun­er­kran­kung war aktiv wie eh. Und besser einschlafen konnte ich auch nicht. Kurzum, der ganze Zauber mit dem animierten Wasser und den elektrischen Schwingungen hatte mir außer Kosten nichts gebracht.

Ich musste mir selber helfen

Bereits einige Jahre vor meinem Therapieversuch hatte ich herausgefunden, dass ich kein Gluten vertrug. Bauchschmerzen hatte ich seit meiner Kindheit häufiger gehabt, aber mit Mitte Zwanzig war mein Bauch plötzlich jeden Tag aufgetrieben. Dazu kamen starke Schmerzen und übelriechende Blähungen. Die Symptome verschwanden erst, als ich versuchsweise auf glutenhaltige Nahrungsmittel verzichtete.

Aufgrund meiner Glutenunverträglichkeit fing ich an, mich intensiv mit dem Zusammenhang zwischen Darmproblemen und Krankheiten zu beschäftigen. Ich recherchierte im Internet, las Blogs, Foren und Bücher wie „Leben ohne Brot” [1*], „Deep Nutrition” [2*] oder „Perfect Health Diet” [3*]. Mir wurde klar, wie schlecht ich mich viele Jahre lang ernährt hatte: Aus Tier­schutz­grün­den verzichtete ich seit meinem 16. Lebensjahr auf Fleisch. Doch anstatt auf eine ausreichende Nährstoffversorgung zu achten, aß ich vor allem Fertiggerichte und Süßigkeiten. Ich beschloss, von nun an gesund zu essen und stellte meine Ernährung radikal um.

Am Anfang ernährte ich mich vor allem kohlenhydratarm und teilweise sogar ketogen. Später folgte ich dem Prinzip der Steinzeiternährung. So kam es, dass ich nach zehn Jahren fleischloser Kost auf einmal sehr viel Fleisch (in Bioqualität) aß. Auch Eier, Gemüse und Nüsse verzehrte ich in großen Mengen. Die körperlichen Folgen ließen nicht lange auf sich warten: Während ich vorher trotz jahrelangen Kraftrainings kaum Muskulatur aufgebaut hatte, bekam ich jetzt eine Form, von der ich vorher nicht zu träumen gewagt hatte. Offenbar hatte ich all die Jahre zuvor viel zu wenig Eiweiß gegessen. Fremde Leute im Fitnessstudio fragten mich nach Tipps zum Muskelaufbau. Ich war überzeugt, dass meine Ernährung nicht mehr besser werden könnte.

Trotz meiner sportlichen Erfolge plagten mich meine Schlafprobleme weiterhin. Zwar gab es immer mal wieder gute Nächte, aber mehrmals pro Woche lag ich bis in die frühen Morgen­stunden wach und verzweifelte. Immer wieder musste ich mich krankmelden, weil ich wegen meines Schlafmangels den Arbeitstag im Büro nicht überstehen konnte. Auch mein Haaransatz war feuerrot und mein Kopf schuppte wie verrückt. Einmal sprach mich ein Kind an, was ich da auf dem Kopf hätte. Ich schämte mich fürchterlich. Aus irgendeinem Grund ging es meiner Haut mit der neuen Ernährung noch schlechter als vorher.

Was hatte ich übersehen?

Es dauerte nochmal ein paar Jahre, bis ich mich endlich aufraffte und begann, ein Er­näh­rungs­ta­ge­buch zu führen. Tagtäglich schrieb ich jeden Bissen auf, den ich zu mir nahm und notierte die Symptome dazu. Besonders häufig plagten mich Juckreiz, meine entzündete Kopfhaut und Einschlafprobleme. Außerdem stellte ich fest, dass ich an manchen Tagen Verstopfung hatte, niedergeschlagen war und fürchterlich schwitzte und an anderen Tagen nichts von alldem. Endlich konnte ich nachvollziehen, welche Symptome auf welche Nahrungsmittel folgten.

Nach einigen Monaten erkannte ich schließlich ein Muster. Mir dämmerte, was mein Problem war. Und ich war fassungslos, dass ich nicht schon früher darauf gekommen war!

Ich litt an Histaminintoleranz.

In meinem nächsten Artikel erfährst Du mehr über Histaminintoleranz und die seltsamen Be­ge­ben­hei­ten in meinem Leben, die ich mir nie erklären konnte und jetzt alle einen Sinn ergeben.

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Quellen

  1. Dr. Wolfgang Lutz. Leben ohne Brot. Verlag: Informed Buch*
  2. Catharine Shanahan, MD. Deep Nutrition: Why Your Genes Need Traditional Food. Herausgeber: FLATIRON BOOKS Buch*
  3. Paul Jaminet und Shou-Ching Jaminet. Perfect Health Diet. Herausgeber: Scribner Buch*

 

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