Es gibt Menschen denen das Alter nicht viel anzuhaben scheint. Mit über 60 Jahren haben sie noch relativ glatte Haut, sind fit und beweglich. Auf der anderen Seite gibt es junge Menschen, zu denen die Zeit weniger gnädig war: Sichtbare Cellulite mit 20, Falten und schlaffe Haut mit 35, ein künstliches Gelenk mit 50. Sind die Gene schuld am schlechten Bindegewebe? Haben manche Menschen Glück und andere einfach Pech gehabt?

Ganz so einfach ist es nicht. Um zu verstehen, wie wir das Bindegewebe stärken können, müssen wir uns zunächst ansehen, wie es aufgebaut ist.

Das Bindegewebe

Knorpel, Haut und Knochen bestehen aus Bindegewebe. Ebenfalls zum Bindegewebe gehören Sehnen, Bänder und Bandscheiben, das Fettgewebe, die Hornhaut des Auges, sämtliche Organkapseln und sogar das Blut. Bindegewebe festigt und stützt den Körper und ist an vielen Stoffwechselvorgängen beteiligt. Es spielt eine wichtige Rolle für die Immunabwehr und dient als Fettspeicher. Das Bindegewebe eines normalgewichtigen Erwachsenen wiegt etwa 20 Kilogramm.

Aufgebaut ist das Bindegewebe aus drei Komponenten: Einer netzartigen Struktur aus Proteinfasern, einer gelartigen Zwischenzellsubstanz und den Zellen des Bindegewebes (z. B. Fibrozyten, Chondrozyten, Osteozyten). Fasern und Zwischensubstanz bilden zusammen die sogenannte Extrazelluläre Matrix. Das anteilige Vorkommen von Fasern, Zwischenzellsubstanz und Zellen ist abhängig vom Gewebetyp.

Die Extrazelluläre Matrix

Kollagenfasern

Struktur und Stabilität des Bindegewebes beruhen auf einem dreidimensionalen Gitter aus besonders zugfesten und wenig dehnbaren Kettenmolekülen: Kollagenfasern. Sie sorgen für die Reißfestigkeit von Sehnen und Bändern und die Druckresistenz der Knorpel. Im menschlichen Körper ist Kollagen mit einem Anteil von über 30 % an der Proteingesamtmasse das am häufigsten vorkommende Eiweiß. Je nach Gewebeart unterscheidet man verschiedene Kollagentypen:

  • Typ I: Knochen, Sehnen, Bänder, Faszien, Haut, Faserknorpel
  • Typ II: Knorpeliges Bindegewebe, Hyalin­knorpel, elastischer Knorpel, Faserknorpel
  • Typ III: Haut, Gefäßwände, innere Organe

Eine Übersicht über alle bekannten Kollagentypen gibt es hier. Die Kollagentypen unterscheiden sich in der Zusammensetzung ihrer Aminosäuren. Die am häufigsten vorkommenden Kollagenbausteine sind die Aminosäuren Glycin, Prolin und Lysin. Die Abbildung unten zeigt Kollagenfasern vom Typ I im Knochen in 10.000facher Vergrößerung.

Kollagenfasern im Knochen
Kollagenfasern im Knochen Quelle: Sbertazzo, Bertazzo S - SEM deproteined bone - wistar rat - x10k, CC BY-SA 3.0

Elastische Fasern

Elastische Fasern sind mit den Kollagenfasern verflochten, dabei jedoch unregelmäßig angeordnet. Sie bilden oft Netzwerke oder verschmelzen zu dickeren elastischen Membranen. Elastische Fasern bestehen aus Glykoproteinen, in die das Protein Elastin eingebettet ist (Glykoproteine bestehen hauptsächlich aus einem Protein, an das kurze Kohlenhydratketten gebunden sind). Wegen ihrer speziellen Struktur lassen sie sich um ein Vielfaches ihrer Ausgangslänge dehnen und ziehen sich anschließend wieder auf ihre ursprüngliche Länge zusammen.

Besonders viele elastische Fasern finden sich in der Haut, in den Wänden der Blutgefäße, im Lungengewebe und im Knorpel. Elastin wird hauptsächlich vor der Geburt und in den ersten Lebensjahren eines Menschen gebildet, mit zunehmendem Alter nimmt die Elastinbildung stark ab. Wie Kollagen enthält auch Elastin große Mengen der Aminosäuren Glycin und Prolin.

Grundsubstanz

Die Grundsubstanz ist der ungeformte Teil der extrazellulären Matrix. Sie füllt den Raum zwischen den Fasern aus und besteht überwiegend aus langkettigen Kohlenhydraten mit der Fähigkeit, Wasser wie ein Schwamm aufzusaugen. Diese sogenannten Glykosaminoglykane (GAG) bilden einen großen wasserhaltigen Molekülkomplex, der als Stoßdämpfer im Gewebe und als „Schmiermittel” in den Gelenken dient. Zu den GAG gehören zum Beispiel Hyaluronsäure, Heparansulfat, Dermatansulfat, Chondroitinsulfat und Keratansulfat.

Über Proteinverbindungen bilden die GAG – mit Ausnahme der Hyaluronsäure – größere Makromoleküle mit 40 bis 60 GAG. Diese heißen Proteoglykane (Proteoglycane bestehen hauptsächlich aus Kohlenhydraten, die an einen kleinen Proteinkern gebunden sind). Der bevorzugte Baustein für die Biosynthese von GAG ist das Traubenzuckerderivat Glukosamin.

Aminosäuren für ein gesundes Bindegewebe

Nachfolgend schauen wir uns die Aminosäuren Glycin, Prolin und Lysin genauer an.

Glycin

Glycin ist die kleinste und einfachste aller Aminosäuren. Ein Drittel aller Aminosäuren in den Kollagenfasern und ein Großteil der Aminosäuren im Elastin bestehen aus Glycin. Außer als Bindegewebsbaustein braucht der Körper Glycin auch für die Bildung der roten Blutkörperchen, für die Energieversorgung von Herz und Muskeln oder als Neurotransmitter im Gehirn.

Glycin ist nicht essentiell. Der Körper kann die Aminosäure selbst herstellen – vorausgesetzt, man nimmt genügend Eiweiß zu sich. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass erwachsene Männer mit einer eiweißarmen Ernährung ihren Glycinbedarf nicht decken konnten [1]. Besonders hoch ist der Glycinbedarf in der Schwangerschaft. Die Mutter legt mit ihrer Ernährung nämlich den Grundstein für die Gesundheit und die Festigkeit des Bindegewebes ihres Kindes!

Prolin und Hydroxyprolin

Die Aminosäure Prolin ist in kollagenen und elastischen Fasern ebenfalls in großer Menge enthalten. In seiner aktiven Form Hydroxprolin ermöglicht es die Quervernetzung des Kollagens und damit die Bildung von Faserbündeln, die das Kollagen besonders reißfest machen. Ebenso wie Glycin ist Prolin keine essentielle Aminosäure. Die körpereigene Synthese funktioniert jedoch nur bei guter körperlicher Gesundheit und gleichzeitiger proteinreicher Ernährung.

Lysin und Hydroxylysin

Ein weiterer unentbehrlicher Baustein für das Kollagen ist Lysin. Als essentielle Aminosäure kann der Körper es nicht selbst herstellen. In hydroxlierter Form sorgt Lysin gemeinsam mit Hydroxyprolin für die Stabilität und Festigkeit des Bindegewebes. Zusätzlich fördert Lysin die Speicherung von Kalzium in den Knochen und hemmt den pathologischen Abbau von Kollagen im Krankheitsfall [2]. Zur Behandlung von Haarausfall wird Lysin ebenfalls empfohlen [3].

Um Prolin und Lysin hydroxyilieren zu können, benötigt der Körper Vitamin C. Weil bei der Vitamin C-Mangelerkrankung Skorbut Hydroxyprolin und Hydroxylysin fehlen, kann sich das Kollagen nicht richtig vernetzen. Die Folge ist eine Bindegewebsschwäche, die sich unter anderem durch Zahnfleischschwund und Gelenkentzündungen bemerkbar macht [4].

Nahrung für Haut und Gelenke

Der Zustand des Bindegewebes hängt also stark von der eigenen und von der Ernährung der Mutter – ja sogar von der Ernährung der Großmutter ab. Denn auch die "besten" Gene können einen Nährstoffmangel nicht ausgleichen. Und Nährstoffmangel ist heute mehr die Regel denn die Ausnahme. Der Grund sind unserer modernen Ernährungsgewohnheiten.

Knochenbrühe – der Zaubertrank

Wann hast Du zum letzten Mal eine hausgemachte Knochenbrühe getrunken?

Zutaten für Hühnersuppe
Zutaten für Hühnersuppe: Ein Biosuppenhuhn, Gemüse, Gewürze und Apfelessig (nicht im Bild)

Um Knochenbrühe herzustellen, kocht man Knochen in Wasser mit einem Schuss Essig über mehrere Stunden bei kleiner Flamme. Durch die Essigsäure lösen sich das Kollagen und die Mineralien aus den Knochen und reichern sich in der Brühe an. Die Gelatine (denaturiertes Kollagen) in der Knochenbrühe ist voller Nährstoffe, pro 100 Gramm enthält sie [5,6*]

  • 15 Gramm Prolin und 13 Gramm Hydroxyprolin,
  • 27 Gramm Glycin,
  • 4,4 Gramm Lysine und 0,8 Gramm Hydroxlysin,
  • Glukosamin und Glukosaminoglykane und
  • Mineralien wie Kalzium, Phosphor, Magnesium, Kalium, Natrium und Schwefel.

Früher, als es noch keine Massentierhaltung gab, wurden Haut, Bindegewebe, Knochen der Tiere komplett verwertet. Knochenbrühe war ein weitverbreitetes und geläufiges Nahrungsmittel. Heutzutage wissen viele Menschen gar nicht mehr, wie man eine Brühe ohne Maggi und Co. herstellt. Ich sehe es in meiner eigenen Familie: Während meine Oma (*1933) ihre Suppe noch aus Knochen gekocht hat, verwendet meine Mutter (*1951) Fertigbrühe vom Supermarkt.

Die zweitbeste Alternative: Gelatine und Kollagen-Hydrolysat

Weil ich leider nicht immer Zeit habe, Knochenbrühe frisch zu kochen, verwende ich täglich Gelatine oder Kollagen-Hydrolysat als Nahrungszusatz in Saucen und Getränken.

Kollagen-Hydrolysat
Kollagen-Hydrolysat

Handelsübliche Gelatine wird meist aus Schweineschwarten gewonnen und nur zu einem kleinen Teil aus Knochen [7]. Gelatine, die ohne Knochen hergestellt wurde, ist reich an Glycin, Prolin und Lysin, allerdings fehlen ihr die in Knochenbrühe enthaltenen Glukosamine, GAG und Mineralien. Am besten ist Gelatine von Tieren aus artgerechter Haltung. Ihr Bindegewebe enthält mehr Nährstoffe und weniger Gifte als Haut und Knochen konventionell gehaltener Tiere.

Kollagen-Hydrolysat hat gegenüber Gelatine den Vorteil, dass es sich sehr gut in Wasser löst. Der Grund ist, dass das Kollagen in sehr kleine Bruchstücke aufgespalten ist. Weil der Körper die Bruchstücke schneller aufnehmen und verarbeiten kann, hat Kollagen-Hydrolysat eine höhere Bioverfügbarkeit als Gelatine. Da die Kollagenbruchstücke jedoch kein Netzwerk mehr bilden können, eignet sich Kollagen-Hydrolysat nicht zur Gelierung von Lebensmitteln.

Fazit

Schlechtes Bindegewebe gilt immer noch als erblich bedingt. Dabei sind es in der Regel nicht die "schlechten" Gene, die vererbt werden, sondern der Mangel an Vitaminen, Mineralien und Aminosäuren. Der Mangel besteht, weil wir immer mehr minderwertige und industriell verarbeitete Lebensmittel essen anstatt mit hochwertigen Zutaten selbst zu kochen. Traditionelle Nahrungsmittel wie Knochenbrühe enthalten alle Nährstoffe, die wir für ein gesundes und starkes Bindegewebe brauchen.

Wer Haut und Gelenke gesund erhalten möchte, sollte deshalb reichlich Gelatine – am besten in Form von hausgemachter Knochenbrühe – verzehren und dabei auch an Vitamin C denken. Dabei hat Knochenbrühe noch einen ganz besonderen Vorteil: Sie schmeckt unglaublich gut!

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Quellen

  1. https://www.westonaprice.org/health-topics/why-broth-is-beautiful-essential-roles-for-proline-glycine-and-gelatin/
  2. https://www.orthoknowledge.eu/forschung/fachinformation-uber-die-aminosauren-lysin-und-prolin-sowie-uber-entkoffeinierten-gruntee-extrakt/
  3. https://nutrafol.com/blog/l-lysine-benefits/
  4. Wikipedia – Hydroxyprolin
  5. https://www.westonaprice.org/health-topics/why-broth-is-beautiful-essential-roles-for-proline-glycine-and-gelatin/
  6. Kate Deering. How to heal your metabolism. Herausgeber: CreateSpace Independent Publishing Platform Buch*
  7. Wikipedia – Gelatine

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